Sonntag, 1. Mai 2016

Rezension zu "Und sie werden nicht vergessen sein" von Carmen Lobato







Inhalt : Amarna, die deutsche Archäologin, und Arman, der armenische Bildhauer - ein wahrhaft unvergessliches Liebespaar: Im London des Jahres 1938 gelten sie als glamouröses Traumpaar, doch ein tiefer Schatten liegt auf ihrer Liebe. Arman hat durch den Genozid an seinem Volk 1915 seine ganze Familie verloren. Wie eine unsichtbare Mauer steht dieses Grauen zwischen den beiden und wächst von Tag zu Tag. Dann bricht der Krieg aus, und Arman meldet sich freiwillig zur Royal Air Force. Am Fuß des Ararat, in den mythischen Ruinen, die die Wiege der armenischen Kultur bergen, wird sich die Kraft ihrer Liebe beweisen müssen.

Autorin: Carmen Lobato- heißt im wirklichen Leben Charlotte Lyne und schreibt auch unter dem Pseydonym Charlotte Roth. Sie ist Romanistin, arbeitet in einem Museum und war zeit ihres Lebens eine leidenschaftliche Reisende. Für ihren neuen Roman hat sie umfangreiche Recherchen vor Ort in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und dem armenischen Teil von Anatolien betrieben. Carmen Lobato ist als Dozentin tätig und lebt mit ihrer Familie in verschiedenen europäischen Städten.
Die versunkenen Kulturen des alten Orients und das tragische Schicksal des armenischen Volkes sind ihr ein besonderes Anliegen.

Format: Taschenbuch/ Knaur
erschienen: 1.03.2016
 Seitenanzahl : 768 S.
ISBN: 978-3-426-51820-5
Hier zu kaufen: https://www.amazon.de/sie-werden-nicht-vergessen-sein/dp/3426518201/ref=as_li_ss_tl?s=books&ie=UTF8&qid=1468762431&sr=1-1&keywords=und+sie+werden+nicht+vergessen+sein&linkCode=ll1&tag=httppetrasbue-21&linkId=4db71e8708bea478c0a92fdf26e64b08 

Mein Eindruck 
Dieses Buch ist eine Weiterführung des Romans "Die Stadt der schweigenden Berge". Auch wenn ich den ersten Teil nicht gelesen habe, war mir der Handlungsablauf in diesem Buch voll verständlich, da die Autorin in Rückblenden den Leser voll in die Geschichte eintauchen lässt.
Die Handlung führt den Leser in die Jahre 1932 bis 1944. In mehreren Erzählungssträngen werden die Schicksale verschiedener Paare geschildert- ua. von Eva Löbel und Martin Serner aus Berlin und Amarna und Arman, die in England leben.

Berlin 1938- Eva Löbel lebt seit 5 Jahren mit dem berühmten Filmschauspieler Martin Serner zusammen. Beide haben sich im Sommer 1932 bei einem Filmdreh kennengelernt und sich ineinander verliebt. Gemeinsam haben sie eine kleine Tochter Chaja. Eva ist eine anerkannte Künstlerin, deren Bilder in Ausstellungen Bewunderer findet. Das Leben könnte für alle drei glücklicher nicht sein, doch es ist die Zeit des Nationalsozialismus und Eva ist Jüdin....Es kommt dazu, dass Martin sich gezwungen sieht, Eva und sein Kind Chaja zu verleugnen, um weiter Filmrollen zu erhalten. Als dann Evas Kunstwerke verschwinden, da sie als entartet von den Nazis bezeichnet werden, macht sie sich auf die Suche nach ihnen. Doch sie hat nicht mit der Gestapo gerechnet und findet sich in deren Folterkellern wieder....
In London leben Arman und seine Frau Amarna zusammen. Er ist ein über die Ländergrenzen hinweg anerkannter armenischer Bildhauer, dessen Kunstwerke auch Eva bewundert. Amarna, eine Altorientalistin, deren Vater in Berlin lebt, wünscht sich mit ihrem Arman ein Kind. Doch leider bleibt beiden dieses Glück versagt.
Arman hat als Kind den Genozid am armenischen Volk miterlebt und ist der einzige seiner Familie, der überlebt hat. Diese grausame Vergangenheit zeichnet seine Seele für immer und er fühlt sich schuldig, als einziger überlebt zu haben. Er kann Gefühle sehr schwer zeigen und auch Berührungen von Fremden kann er nicht ertragen. Doch er ist immer bereit, sogar sein Leben einzusetzen, wenn es darum geht, Menschen vor Verfolgung zu retten und ihr Leben zu behüten. Als der 2. Weltkrieg ausbricht, meldet Arman sich freiwillig zur Royal Force. Amarna ist entsetzt darüber, denn sie hat Angst ihn zu verlieren.
Als sie einen Brief von einem Freund aus Berlin erhält, der sie bittet, ein kleines jüdisches Mädchen aufzunehmen, um sie so vor der Gestapo zu retten, sagt sie sofort zu. Sie hofft mit diesem Kind ihren Mann von dem freiwilligen Fronsteinsatz abzubringen...
Hier beginnt im Roman die Verknüpfung der Schicksale beider Paare....
Mich hat dieses Buch sehr berührt. Ja ich kann sagen, es ist für mich seit langem das beste Buch, das ich gelesen habe !
Die Schicksale der Figuren im Roman - ob Haupt- oder Nebengestalt-  sind tiefgründig und emotional und lassen den Leser nicht los. Der Autorin gelingt es mit einer besonderen bildhaften, ja teilweise poesievollen Sprache, den Leser zu berühren und mitzunehmen. Ein Beispiel dazu - das mir besonders aufgefallen ist: "Chaja"; murmelte Martin. Als ätzten die Silben ihm Brandlöcher in die Mundschleimhaut."
Beim Lesen habe ich mich auf einer emotionalen Achterbahn befunden....Ich habe mit Eva mitgelitten, als sie im Folterkeller der Gestapo verhört wurde, war voller Wut, als die Nazis in der Pogromnacht gegen die Juden wüteten, mordeten, vernichteten...Bangte mit den Menschen im viel zu kleinen Luftschutzbunker....weinte um die Freunde, die dabei umkamen...Bangte mit Eva, ob sie wieder ihre kleine Tochter in die Arme schließen konnte....Wollte Arman trösten, wenn er nachts wieder von Alpträumen geplagt, schreiend aufwachte...Freute mich mit Amarna- als ihre kleine Pflegetochter das erste Mal nach Monaten lächelte und zu ihr sprach...Konnte viel über  Berliner und englischen Witz und Schlagfertigkeit lachen....
Die Geschichte ist voller Gefühlsmomente, fesselnder Spannung, aber auch Momente der Ruhe und Poesie.
Der Roman mahnt die Geschichte nie zu vergessen, die Menschen, die verfolgt, gefoltert und ermordet wurden, weil sie einem bestimmten Volk, einer bestimmten Religion angehörten oder eine andere Meinung als die Herrschenden eines Landes hatten.Verknüpft wird im Roman den von der Weltöffentlichkeit weitgehend vergessenen Völkermord an den Armeniern mit der Vernichtung der Juden in der Zeit des deutschen Faschismus.
Am 24. April jährt sich jedes Jahr der Genozid-Gedenktag in Armenien, denn in dieser Nacht zu 24.April 1915 begann in der osmanischen Hauptstadt Konstantinopel die Ausschaltung und Vernichtung der Armenier. Bei Massakern und Todesmärschen, die 1915/1916 stattfanden, wurden bis zu 1,5 Mio Armenier ermordet. In der Türkei steht die Benennung des Genozids auch heute noch unter Strafe. Doch diese Grausamkeit darf nie vergessen werden !
Auch mahnt der Roman heute alles zu tun, um solche Gräueltaten zu verhindern und Flüchtlingen zu helfen, die aus Kriegsgebieten nach Europa kommen. Dazu ein Zitat aus dem Roman- der auch heute leider sehr aktuell ist : " 'Für unsere Länder sind wir Feinde, die es hinauszujagen gilt. Und im Ausland sind wir Feinde, weil wir aus diesen Ländern stammen. Sollen wir auf den Mond? Ins Meer? Hat sich irgendwer überlegt was mit uns geschehen soll?'
Ich kann dieses berührende Buch nur jedem wärmstens empfehlen.
Ich bedanke mich bei Carmen Lobato für unvergeßliche Lesestunden und werde mir jetzt den ersten Teil besorgen, um wieder erlebnisreiche Stunden mit meinen neuen literarischen Freunden zu erleben.

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