Samstag, 28. Mai 2016

Rezension zu "Die letzte Reise meiner Mutter" von AnneB. Ragde





Inhalt:»Verstreut meine Asche am Strand in Dänemark« – bis Anne B. Ragde ihrer Mutter diesen letzten Wunsch erfüllen kann, vergehen lange Monate des Wartens. Monate, in denen Anne an ihrem Bett sitzt und die Zustände im Pflegeheim hautnah mitbekommt. Monate, in denen sie sich manchmal nur ein schnelles, friedliches Ende für ihre Mutter wünscht. Monate, in denen sie ihr zuhört, den Geschichten von früher, aus Annes Kindheit, aber auch aus der Jugend der Mutter, von ihren Träumen und Wünschen – und so entsteht allmählich, wie ein Puzzle, das Bild einer ganz außergewöhnlichen Frau: stark, schwach, liebevoll, streng, exzentrisch, ganz normal – das Bild einer Mutter.
Autorin: Anne B. Ragde wurde 1957 im westnorwegischen Hardanger geboren. Sie ist eine der beliebtesten und erfolgreichsten Autorinnen Norwegens und wurde mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt mit dem Norwegian Language Prize und dem Norwegischen Buchhandelspreis. Mit ihrer Trilogie »Das Lügenhaus«, »Einsiedlerkrebse« und »Hitzewelle« schrieb sie sich in die Herzen der Leserinnen und Leser; ihre Romane erreichten in Norwegen eine Millionenauflage. Anne B. Ragde lebt heute in Trondheim.
Format: Taschenbuch, Broschur
Verlag: btb Verlag
erschienen : 11.04.2016
Seitenanzahl: 304 Seiten
ISBN: 9783442749843

Mein Eindruck:
In diesem berührenden autobiografischen Roman geht es um das Tochter- Mutter- Verhältnis der Autorin zu ihrer Mutter. Als diese mit über 80 Jahren an aggressiven Lymphkrebs erkrankt, beschließt Anne B. Ragde über das Leben ihrer Mutter zu schreiben, um sie so unsterblich zu machen. Herausgekommen ist ein Roman, der mich tief berührt hat und seit vielen Tagen nicht mehr loslässt.
Es ist die Lebensgechichte einer Frau, die von ihrem Mann verlassen wird und nun ohne große finanzielle Unterstützung mit 2 kleinen Töchtern das Leben meistern muss. Obwohl sie zeitweise von Sozialhilfe leben müssen, tut sie alles, damit es ihren Kindern an nichts fehlt. Aus einfachen Lebensmitteln zaubert sie schmackhafte Speisen, gestaltet die Sozialwohnung so gemütlich, wie möglich und liest den Kindern regelmäßig Geschichten vor. Als sie Arbeit in einer Fabrik in der Spätschicht findet - bleibt sie trotzdem die fürsorgende Mutter. Doch obwohl sie eine starke Frau und liebevolle Mutter ist, zweifelt, sie selber daran.
Ihre große Leidenschaft sind Bücher und sie ist sehr stolz, dass ihre große Tochter eine gefeierte Autorin geworden ist. Besonders im Rentenalter wird die Liebe zu den Büchern ihr Lebensinhalt :  "Ich verschwinde aus meinem Leben, wenn ich lese. Und das ist doch wirklich Grund genug." Sie kann sich nur eine Sozialwohnung leisten, die sie aber liebevoll einrichtet und deren Hauptgegenstände ein Fernseher und ihre geliebten Bücher sind. Ihre beiden nun erwachsenen Töchter kümmern sich liebevoll um sie, doch sie können nicht verhindern, dass ihre Mutter nur einen Kurzzeitpflegeplatz wegen der Chemobehandlung in einem Pflegeheim bekommt. Hier ist das Pflegepersonal völlig überfordert und die schlimmsten Befürchtungen der Mutter, die über den Pflegenotstand schon oft gelesen hat, werden nun wahr....
Obwoh diese Lebensgeschichte in Norwegen spielt, gibt es leider zu viele Parallelen in Deutschland.
Das erlebte und erlebe ich selber - da auch ich vom Kindsvater verlassen wurde , ohne finanzielle Unterstützung von ihm, meine beiden Kinder alleine großgezogen habe. Die Alleinerziehenden haben einfach keine Lobby in unserem Land und wer nicht das Glück hat, eine gutbezahlte Arbeit zu finden, denn wer stellt schon gern Alleinerziehende mit mehreren Kinder ein, kann auch nichts fürs Alter zurücklegen und wird so später zum Sozialfall....
Besonders berührt haben mich die liebevollen Gesten der erwachsenen Töchter zu ihrer Mutter. Da diese kein Geld annehmen wollte, wurden gemeinsame Reisen organisiert, ihr warme Kleidung gekauft. Wenn die Mutter ins Krankenhaus musste, wechselten sich die Töchter gegenseitig mit Besuchen ab, obwohl sie hunderte Kilometer von der Mutter entfernt wohnten.
Bei ihren Besuchen im Pflegeheim kam die Autorin mit der Mutter immer wieder ins Gespräch über ihr Leben und die gemeinsamen Jahre und sie lernten sich so besser kennen und verstehen.
Sehr aufwühlend sind die Beschreibungen des Pflegenotstandes im Heim, in dem die Mutter ihre letzten Tage verbringen muss.
Das hat kein Mensch verdient, so sein Leben beenden zu müssen. Der grausame Höhepunkt dazu ist die lapidare Antwort des Bezirksamtes auf die Klage der Töchter gegen die schlechte medizinische und pflegerische Versorgung der Mutter und die Missstände im Heim: "Das Recht auf notwendige
Gesundheits- und Pflegedienste beinhaltet nicht das Recht auf optimale Wahrung des Lebensstandards, soll jedoch einen gewissen Mindeststandard nicht unterschreiten."
Auch in unserem Land müssen viele Menschen Angst davor haben, als Pflegefall elend zu enden.
Dieser Roman wird hoffentlich dazu beitragen, noch mehr Menschen wach zu rütteln, etwas aktiv gegen den Pflegenotstand in unseren Kliniken und Heimen zu unternehmen und das Leben der Alleinerziehenden zu verbessern und mehr zu würdigen.
Die Schreibweise der Autorin ist sehr berührend, manchmal ist der Handlungsstrang nicht leicht zu verfolgen, weil es viele Zeitsprünge gibt.
Ich wünsche dem Buch viele interessierte Leser, die dadurch sicher dazu bewegt werden, ihren alten Eltern mehr Aufmerksamkeit zu schenken und mitzuhelfen ihnen einen schönen Lebensabend zu gestalten.
Hier zu kaufen : https://www.amazon.de/Die-letzte-Reise-meiner-Mutter/dp/3442749840/ref=as_li_ss_tl?ie=UTF8&qid=1468761538&sr=8-1&keywords=Die+letzte+Reise+meiner+Mutter&linkCode=ll1&tag=httppetrasbue-21&linkId=227c832882c90597d93e8b63b4d176ba 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen